Kapitel 04: Aktion Tierärztin

2. Juli 2014

Ein Geheimnis konnten wir lüften

Wir wunderten uns schon dauernd: warum hatte Mucki immer so ein nasses, verklebtes Rattenschwänzchen am Ende? Das schien überhaupt nie zu trocknen. Warum nur? Dann beobachtete ich Raspi und Mucki zusammen in einer Hängematte, in der sie sich zusammengekuschelt hatten. Raspi schien die Mutterrolle übernommen zu haben und schleckte Mucki liebevoll und hingebungsvoll ab. Zwischendrin vergaߟ sie wohl ihre Pflichten und spielte mit Muckis leicht wedelnder Schwanzspitze. Zack - hatte sie diese im Mund und kaute und lutschte genüsslich darauf herum. Mucki zuckte nicht einmal mit einem Ohr, sondern schaute mich mit einem duldsamen Blick über den Rand der Hängematte an, als ob er sagen würde: So ist sie halt, unsere Raspi!

Nachtrag: ... und Jungs lieben Fußball ... aber auch Tamy

Oh mein Gott!!!

Eine Geschichte in zwei Teilen (hoffentlich nur 2!):

Raspi ist wirklich unmöglich! So eine verrückte Nudel “ unglaublich!

In der Nacht erkundete sie das kleine Bad, das nun Katzenklo-Bad ist. Sie sprang vom Deckel des einen Katzenklos aufs Waschbecken, dann auf die Ablage und von dort auf die überhohe Duschabtrennung. Die Dusche benutzen wir nicht und heben da unsere Dreckwäsche auf, die auf die Waschmaschine wartete. Die Tür hatten wir extra zugeschoben.

Und was machte Raspi? Sie sprang 2,20 m in den Duschschacht nach unten und landete zum Glück auf der weichen Wäsche. Mein Mann hörte ein komisches Geräusch, sah nach dem Rechten und konnte Raspi aus ihrem Gefängnis befreien. Aus Erfahrung klug geworden, ließen wir die Tür nun einfach offen. Nochmals wollten wir keine Katze auf der dünnen Duschabtrennung balancieren sehen. Dachten wir ...

Eine Stunde später weckte mich mein Mann erneut ... ich müsse mir da was anschauen ... Raspi hatte wohl brühwarm Tamy von ihrem coolen Abenteuer erzählt, denn nun saßen beide dort oben und glotzten zu uns runter.

Und wieder dachten wir, das war‘s nun ... Wir hatten unsere Pläne erneut ohne Terrorprinzessin Raspi gemacht!

Am nächsten Nachmittag hörte ich plötzlich einen heftigen Rumms und Wasser rauschte. Ich rappelte mich hoch und lief Richtung Bad. Raspis nasse, rote Schwanzspitze sah ich gerade noch im Schlafzimmer verschwinden. Ich sprintete ins Bad. Der Heißwasserhahn war aufgedreht und der Duschschlauch spritzte in voller Stärke. Ich hatte eine wunderbare Fontaine, die die Decke nass spritzte und das komplette Bad flutete. Bis ich den Hahn zugedreht hatte, war auch ich nass.

Es tropfte von der Decke, das Wasser lief die Fliesen runter, der Spiegel, die Tür und der Schrank waren nass. Die größte Sauerei war natürlich im Katzenklo mit feinstem Bentonit-Babypuderduft-Streu. Yeah! Was für ne Schweinerei!

Den Batz musste ich komplett entsorgen. Und ich konnte gleich mal die Waschmaschine laufen lassen, denn die Dreckwäsche war ja nun schon fein säuberlich eingeweicht!

Und doch war es mehr Glück als Unglück! Raspi war außer einem kurzen Schock nichts passiert. Und wenn nun niemand zu Hause gewesen wäre ... ???

Wildes Spielen stand auf dem Stundenplan

Es war schon gut so, dass wir im Vorfeld so intensiv Katzenspielsachen recherchiert hatten. Denn jede der Katzen entwickelte in der kurzen Zeit eine spezielle Vorliebe.

Raspi

Raspi liebte ihren Federwedel. Mein Mann konnte ihn nicht schnell und hoch genug durch die Luft schleudern. In den unglaublichsten Pirouetten sprang sie vom Stand aus in die Höhe und landete wieder halbwegs sicher auf ihren Pfoten.

Sie fand das Klasse und spielte äußerst ausdauernd. Das wollte ich doch auch ausprobieren und übernahm Raspi. Überrascht schaute sie mich an, sah gelangweilt dem Federwedel hinterher, packte ihn fest mit Pfoten und Mäulchen und riss ihn mir aus der Hand. Dann schleppte sie ihn durchs Wohnzimmer, legte ihn demonstrativ vor die Füße meines Mannes und schaute ihn auffordernd an: ž"Papa, spiel Du mit mir, die Mama kann das nicht so gut!</i> Alles klar, ich bin ja auch nur die Dosenöffnerin und Sch...schauflerin! :-)

Tamy

Tamy dagegen interessierte sich kaum für den Federwedel, das war ihr viel zu kindisch! Unsere Diva brauchte etwas, um ihr schlaues Köpfchen zu trainieren. Sie fuhr voll auf die Spielschiene mit Ball ab. Schnell kapierte sie, wie sie an den Ball heran kam und wieder zum Laufen brachte. Äußerst geschickt steckte sie ihre Pfote in die Rinne und kugelte kreuz und quer über die Bahn. Das spielte sie ganz allein, freute sich aber auch, wenn wir Menschen die Kugel mal anschoben. Wir nannten sie nur noch »Professorin Doktor Kugelschieb«!

Raspi beobachtete ihre Schwester genau und wollte es auch mal probieren. Das Ergebnis war, dass sie eine Abdeckung aus der Schiene hebelte, die ganze Schiene in die Luft schmiss und die Kugel unterm Sofa verschwand.

Mucki

Mucki würde schon ganz gerne mal mit dem Federchen spielen, aber gegen Raspi hatte er keine Chance. Mit der Schiene hatte er sich noch nie befassen wollen. Dafür hatte er zum Glück Gefallen am Rascheltunnel gefunden, den er heiß und innig liebte. Er nahm Anlauf und stürzte mit Karacho durch die Röhre, kugelte sich von links nach rechts, packte sich das Bällchen am Ende und stürzte wieder raus. Vor allem das Loch in der Mitte hatte es ihm angetan. Hier lehnte er cool in sitzender Position und streckte seinen Kopf heraus.

Hank

Ja, und unser Hank? Der sah sich alles aus sicherer Entfernung an und studierte die Spielvorlieben der anderen genau. Wenn er sich unbeobachtet fühlte, haute er mal mit der Pfote auf ein Bällchen, schnuffelte am Federwedel oder schaute mal in den Tunnel. Am liebsten jagte er in seinen 5-gspinnerten-Minuten am Tag mit Katzenbuckel und windschiefem Schwänzchen die anderen durch die Wohnung. Da merkten wir, dass es ihm gut ging und er sich schon durchaus wohl fühlte.

Ein Spiel für vier

Zum Glück hatten wir aber auch eine Spielgelegenheit, die alle vier liebten. Unser selbstgebasteltes Spielhäuschen mit Fenster und Türen. Da konnte Hank im Pappkarton sitzen und die anderen anlauern, wenn sie kreuz und quer durch Fenster und Türen sprangen und sich jodelnd jagten.

Aktion Tierärztin

Lange überlegten wir, wie wir es logistisch anstellen sollten, dass die Tierärztin auch ja alle Katzen anschauen könnte. Der ausgefuchste Einfang- Plan sah so aus: kein Futter geben, dann würden sie hoffentlich hungrig zur Küche kommen und ich sie einsperren konnte. Und so klappte es auch!

Tamy und Raspi saßen kreischend in der Küche, während Hank sich im Bad die Seele aus dem Leib schrie. Sie taten mir so leid! Mucki dagegen war bei mir im Flur und fraß sich obercool den Bauch voll.

Ich war damit auch im Flur-Gefängnis, setzte mich auf den Boden und betete, dass die Tierärztin bald kommen würde, denn die Geräuschkulisse war beeindruckend und grauenvoll: die Futterschüsseln schepperten über den Küchenboden, die Mädels kratzten an der Tür. Eine der Schwestern schaffte es glatt, auf die Türklinke zu springen und die Tür zu öffnen. Zum Glück war ich schneller. Das Kunststück gelang mehrfach – ich konnte es kaum glauben und nur hoffen, dass ihnen nichts passiert war. Hank randalierte in der Badewanne und packte auf sein Gejodel gleich noch mal eine Oktave drauf. Es war nicht auszuhalten, half aber alles nichts!

Pünktlich auf die Minute war die Tierärztin da. Zunächst gab es eine kurze Einführung meinerseits -€“ das Gebrülle übertönend –, damit die Gute wusste, was nun alles auf sie zukommen würde. Wir entwarfen gemeinsam einen Schlachtplan. Milben, Ohr reinigen, entwurmen ... - wenn wir das schaffen würden, wären wir gut. RICHTIG gut! Sie verzichtete auf einen Tisch und fand den Boden im Flur als Arbeitsplatz wunderbar.

Mucki saߟ eh schon im Flur. Also war er der Erste. Die Tierärztin robbte auf dem Boden näher, schnappte ihn sich und los ging‘s. Milben- und Entwurmungszeugs in den Nacken, Herz abhören, Zähne anschauen (schlimme Zahnfleischentzündung). Dann gab‘s den Reiniger ins Ohr und wurde sanft einmassiert (sehr schlimme Milben). Mucki schüttelte wild den Kopf und der Reiniger spritzte nur so herum. Aber insgesamt war er ein braver Patient, es klappte alles gut und wir konnten ihn schnell ins Wohnzimmer entlassen!

Währenddessen hörten der Tumult, die Klinkenspringerei und Schreierei in der Küche nicht auf. Ich war gespannt, wie es weiter ging. Raspi schoss aus der Küche und rannte aufgeregt im Flur herum. Wir saßen auf dem Boden und schauten ihr zu. Dann wurde die Kleine locker eingefangen und bis auf schlimme Milben und einer leichten Zahnfleischentzündung für gesund erklärt. Wir ließen die nächste Ohrreiniger-Dusche über uns ergehen, dann durfte auch Raspi ins Wohnzimmer.

Dann kam Hank an die Reihe. Vorsichtig öffnete ich die Badezimmertür. Er saß voller Panik hoch oben am Fenster und wollte sich unsichtbar machen. Ich versuchte ihn von dort oben runter zu bekommen und packte ihn mutig an. So schnell konnten wir gar nicht schauen, wie er sich aus meinen Händen herauswand, durch die Luft flog, in die Badewanne fiel, heraussprang und wieder vom Waschbecken auf den Schrank zum Fenster hüpfte. Dabei fielen mit einem fürchterlichen Getöse die Glas- und Porzellanfläschchen runter. Er war außer sich vor Panik und schrie, knurrte und fauchte.

Sehr gut konnte ich nun die Angst des Pflegepapas verstehen, als er Hank in die Transportkiste packen sollte. Es war ein WUNDER, dass Hank überhaupt hier in München bei uns angekommen war, denn so hatte ich noch nie eine Katze erlebt! Ich hatte vollstes Verständnis und die nun geplante Mission eigentlich für gescheitert gesehen.

Die Tierärztin blieb cool, stieg auf den Badewannenrand, murmelte behutsam auf ihn ein, während die Pipetten und Ohrreinigerfläschchen schon griffbereit in ihrem Mund steckten. Sie erwischte ihn, er bekam im Raketentempo die guten Sachen und war entlassen - eine Spritzspur Ohrreiniger am Fenster hinterlassend. Ich konnte inzwischen meine blutigen Kratzer versorgen.

Wieder trafen sich die Tierärztin und ich uns am Boden im Flur und verschnauften. Sie blieb heiter und gelassen -€“ für sie war alles im grünen Bereich, während ich mit meinen Nerven eigentlich am Ende war! Aber ich war von der Tierärztin beeindruckt -€“ wirklich beeindruckt!

Nun hatten wir noch Tamy vor uns. Sie saß in der Küche hinter die Kaffeemaschine gequetscht und sah uns mit einem blauen und einem groß aufgerissenen Auge an. Schnell flüchtete sie in den Flur. Inzwischen waren die Tierärztin und ich ein eingespieltes Team. Ich wusste, was sie brauchte, als sie Tamy eingefangen hatte. Auch Tamy hatte schrecklich Angst und wir verzichteten auf eine weiterführende Untersuchung. Medis drauf, Ohrreiniger-Dusche und fertig!

Aber die Tierärztin gefiel mir! Sie blieb bemerkenswert geduldig und gelassen. Und sie verstand ihre Arbeit! Unglaubliche knappe zwei Stunden hatte sie sich Zeit für uns genommen. Ich verzog mich und ließ unser Quartett allein. Unsere Nerven mussten sich erst mal beruhigen.

2 Stunden später betrat ich vorsichtig und leise das Wohnzimmer, in der sicheren Erwartung, keine Schwanzspitze zu entdecken. Umso schöner war es, als Tamy entspannt im höchsten Katzenbettchen des Kratzbaums schlief. Raspi und Mucki schmusten im Piratenschiff, ebenfalls sehr entspannt. Hank konnte ich unter mir vor sich hin gurren hören. Obwohl ich in der Nähe war, kroch er unterm Sofa hervor und quetschte sich zu den anderen ins Piratenschiff. War das mühsam aufgebaute Vertrauen doch nicht völlig futsch?

7 lange Stunden schliefen sie - die Aktion schien sehr anstrengend für die Katzenkinder gewesen zu sein. Dann standen sie nach dem Weckappell von Hank auf, forderten ein inzwischen sehr verspätetes aber leckeres Abendessen ein und eröffneten die nächste Spielrunde, die bis 23.30 Uhr dauerte. Mucki und Raspi konnten wir sogar wieder streicheln. Tamy und Hank verhielten sich vorsichtig, aber blieben stets bei den anderen, ohne sich zu verkriechen. Vielleicht merkten sie, dass wir ihnen nur helfen wollten!

Endlich brachte ich es fertig, ins Bett zu gehen. Hank eröffnete kurze Zeit später sein großartiges Flötensolo seiner ersten Symphonie, die über mehrere Stunden in der Nacht ging. Klar, ER war ausgeschlafen. Wen wundert es, dass ich am nächsten Morgen nicht auf meinen Radio-Wecker reagierte, eine halbe Stunde zu spät aus dem Bett rumpelte und meine Kollegin erst einmal kontrollieren musste, ob da noch Zahnpasta im Mundwinkel und die Kleidung am richtigen Fleck war?

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